Gesmold, Stadtteil von Melle, im Grönegau

Diese Artikel sind von mir ausgearbeitet und geschrieben. Hier finden Sie verschiedene Ausarbeitungen. Ich bitte bei Veröffentlichungen diese Quelle anzugeben: Bernd Meyer Homepage: Gesmold-Geschichte

Themen:

1. Ausgeklügeltes Wassersystem für die Mühlen von Schloß Gesmold?!

2. Burstien im Meller Stadtteil Gesmold

3. Die Kemenade und das Rittergut Warringhof 

1. Ausgeklügeltes Wassersystem für die Mühlen von Schloß Gesmold?!

Unterlagen aus dem Jahr 1578 lassen erkennen, dass es damals zwei Ableitungen aus der Hase zwischen der Sutmühle ( 1) und der Krusemühle (2) gegeben hat. Die erste Ableitung war der Abzweig „bey dem Schimm“ (3), heute Bifurkation, die zweite Ableitung war die ca. 500 m weiter nördlich liegende Gotte (Rinne) (4), ungefähr in der Mitte zwischen der Bifurkation und dem Gesmolder Ortsteil Schimm an der alten Heerstraße. Die erste Ableitung (3) war im Laufe der Jahrhunderte nach Überflutungen der Haseniederung durch abfließendes Wasser entstanden. Die Gotte war eine offene Wasserrinne aus Holz (4), die von den Herren des Schlosses Gesmold gebaut worden war. Durch beide Ableitungen floss das Wasser von der Hase in den Uhlenbach.

Der Uhlenbach (6) entsprang bzw. entspringt in Wellingholzhausen, er verlief gemeinsam mit der Hase im Tal südwestlich von Gesmold, und lenkte sein?Wasser durch den Ort, vorbei am Schloß Gesmold. Hier vereinigte er sich hinter der Schloßmühle mit einem in Hustädte entspringenden Mühlenbach. Über Jahrhunderte hieß das Teilstück der Ableitung von der Hase bis zum Uhlenbach: „Twelbecke“ (8). Im Jahre 1691 nannte der Herr vom Schloß Gesmold die Twelbecke: „Else“. Damit  änderte sich auch der Name des Uhlenbaches, der durch Gesmold floss.

Die eigentliche Quelle der Else befindet sich in Hustädte, der Bach von der Quelle bis zur Vereinigung mit dem Gewässer hinter der Schloßmühle erhielt den Namen: „Oldendorfer Mühlenbach.“ Der Uhlenbach (6) endete somit in der Twelbecke (7).

Die Haseniederung von Gesmold erreichend führte der Uhlenbach (nach 1691 Else) das Wasser in einem Abstand von unter 100 Metern parallel zur Hase in Richtung des Ortsteiles Schimm , ließ es in einem Bogen vor der Heerstraße nach Osten parallel mit der Straße abfließen, zog sich um den Hof Baumschlüter (heute Vossmann) und führte das Wasser dann in einer Furt durch die Heerstraße in Richtung Schloßmühle. Ca. 150 m nördlich der Heerstraße gab der Uhlenbach einen Teil des Wassers an die „Alte Else“ ab, die wiederum das ihr zugeteilte Nass hinter der Schloßmühle in den Uhlenbach (nach 1691 Else) abgab.

Es bleibt zu klären, wozu die hölzerne Rinne (Gotte) (4) damals benötigt wurde. Eine mögliche Erklärung dafür ist folgende:

Ca. 1500 Meter Haseabwärts liegt die Krusemühle (2), die dem Schloß Gesmold gehörte und vor 1500 erbaut sein muss. Die älteste bekannte Unterlage stammt aus dem Jahr 1456.

Schloss der Krusemüller seine Schütt vor dem Wasserrad, bildete sich in der Hase ein Rückstau des Wassers. Der Rückstau hatte seine Wirkung an der heutigen Bifurkation größtenteils verloren, bewirkte aber einen hohen Wasserstand an der hölzernen Rinne (4) kurz hinter dem Schimm. Überschüssiges Wasser konnte durch diese Rinne in den Uhlenbach fließen, der das Wasser dann zur Schloßmühle brachte. Gab man durch eine Feineinstellung des Schüttes an der Krusemühle dem Wasserrad so viel Wasser, wie es für den Betrieb erforderlich war, profitierte die Schloßmühle davon, das Wasser von der Quelle des Uhlenbaches reichte nie aus.

Das raffinierte System der wechselseitigen Versorgung beider Mühlen mit Wasser stellte schon eine Untersuchungskommission des Domkapitels 1690/91 fest. Das ausgeklügelte System hatte zur Folge, dass die Stadt Osnabrück recht wenig Wasser aus der Hase für seine Verteidigungsgräben und Mühlen erhielt.

Große Änderungen in der Wasserführung erreichte die Kommission nicht. 

Da die Bischöfe von Osnabrück von 1608 – 1664 selber Eigentümer des Schlosses Gesmold und seiner Mühlen waren. kehrte für ein paar Jahrzehnte relative Ruhe an der Wasserfront ein.Nach einem Tausch erhielt Georg Christoph von Hammerstein das Schloß. Er kaufte mehrere Güter in der Umgebung hinzu und ließ in den beiden Mühlen zum vorhandenen unterschlägigen Wasserrad ein oberschlägiges Wasserrad einbauen (das Wasser muss dazu so hoch angestaut werden, dass es von oben in die Schaufel des Rades fließt). Nach dem Umbau führte die  Hase oberhalb der Krusemühle immer weniger Wasser, Osnabrück musste mit dem verbleibenden Wasser der Zuflüsse der Hase auskommen. 

Die Gotte (4)am Schimm war allmählich stark verlandet, der Rückstau in der Hase sollte sich also an der Bifurkation noch ausreichend auswirken. Dazu war es erforderlich, die Twelbecke stark zu vertiefen und zu verbreitern. Berichtet wird, dass bei geöffnetem Schütt an der Krusemühle schon die Hälfte des Wassers an der Bifurkation von der Hase in die Twelbecke floss, bei aufgestautem Wasser an der Krusemühle fast alles Wasser zur Schloßmühle gelangte. 

Als Georg Christoph von Hammerstein 1687 starb, wollte das Domkapitel von Osnabrück die Gunst der Stunde nutzen. Durch einen Rückbau der Anlagen an der Bifurkation sollte viel Wasser in der Hase verbleiben. Die Bischöfe ließen mit Pfählen Blockaden in die Twelbecke einbauen. 

Doch Christoph Ludolf von Hammerstein, der Nachfolger von Georg Christoph, , ließ alle Begrenzungen zerschlagen, erhöhte den Damm an der Hase, ließ am Schütt der Krusemühle noch höher anstauen und bewirkte dadurch, dass fast das ganze Hasewasser automatisch zur Schloßmühle gelangte.

Kämpferische Auseinandersetzungen an der Bifurkation waren in den nächsten Jahrzehnten die Folge.

Im Jahre 1788 legte man den Streit bei und schloss folgenden Vertrag, der bis heute Gültigkeit hat Zwei Drittel des Hasewassers verbleiben in der Hase, ein Drittel kannzur Twelbecke „Else“abfließen. Die beiden Mühlen wurden an zwei unterschiedliche Pächter vermietet.Jetzt kämpften die Pächter um möglichst viel Wasser an ihrem Wasserrad und versperrten gegenseitig den jeweiligen Strang zum Nachbarn. Der Streit endete mit der bekannten Revolte am Schloß, der Befreiung des Krusemüllers und dem Einriss des Gefangenturmes. Der Bauernaufstand gegen die Obrigkeit war die Folge.

Die Wasserverteilung an der Bifurkation ist auch heute noch wichtig, da die Wassergräben des Schlosses von der Else gespeist werden.

An dieser Stelle sei einmal auf die Schimmmühle (9) hingewiesen. Kurz vor dem Schimm, direkt an der Hase, wird es die Mühle des Schimmmüllers gegeben haben. Da es keinerlei Hinweise in Karten gibt, und sie in Unterlagen nie direkt erwähnt wird, deutet einiges darauf hin, dass sie vor 1500 existiert hat. Historiker gehen davon aus, dass das Schloss Gesmold immer schon funktionierende Mühlen benötigt hat. Der Uhlenbach brachte zu wenig Wasser, die Mühle am Schloß garantierte keinen dauerhaften Betrieb, da der Abfluss an der Hase nur als natürlicher Graben ausgebildet war und kaum Hasewasser den Uhlenbach erreichte. Was lag da näher, als an der Hase, nahe der Schimmfurt, eine Mühle zu errichten? 

Zu dem Zeitpunkt wird es die Krusemühle wahrscheinlich noch nicht gegeben haben. Aus Unterlagen geht hervor, dass es an der Hase in Warringhof schon 1228 ein Rittergut Warringhof (10) gab. Es lag nördlich des heutigen Hofes Hillebrand. Von einer Existenz einer Mühle ist in den Unterlagen nichts zu erkennen. Auch führte kein direkter Weg vom alten Hof zum Standort der heutigen Krusemühle. 

Neben der Nutzung der Hase zum Betrieb von Mühlen kam in jüngster Zeit die Nutzung als Fischereigewässer hinzu. Kurz vor 1900 stand der Verkauf der Fischereirechte in der Hase an. Das geht aus Akten des Hofes Sundermann hervor. Zur Verfügung stand der Abschnitt von der Bifurkation bis zur Krusemühle. Herr Michel-Hosmann aus Haste war Besitzer des Hofes Intfeld. Er hatte den Hof von Henrici gekauft, der wiederum hatte ihn von der Familie Intfeld erworben, die  nach Amerika ausgewandert war.

Die Fischereirechte in der Hase konnte Michel-Hosmann 1873 von der Königlichen Finanzdirektion erwerben. Er musste sich diese Rechte aber mit dem Schloßherrn von Gesmold teilen.

Die Familie Michel verließ 1892 den alten Hof Intfeld, weil sie zu hohe Schulden hatte. Sie veräußerten ihn an die Familie Grothaus aus Dratum.Die Witwe von Herrn Michel veräußerte 1906, die Rechte zur Fischerei für 130 Mark an den Uhrmacher Matthias Sundermann, der sie direkt an den Hof Sundermann weitergab. 

Herr Sundermann als neuer Inhaber der Fischereirechte schloss 1910 einen Zusatzvertrag mit dem Schloß Gesmold ab. Darin wurde geregelt, dass das Schloß Gesmold das alleinige Recht für die Fischereirechte in der Hase von der Bifurkation bis zum Schimm erhielt und der Hof Sundermann vom Schimm bis zur Krusemühle. 

In einer Neuauflage der Vergabe der Rechte für die Gewässer im Grönegau im Jahre 1912 erhielt der Hof Sundermann die Hase erneut zur Fischereinutzung. Jedermann konnte gegen eine Gebühr die Berechtigung zum Fischfang vom Hof Sundermann erwerben.

Im Jahre 1928 hätten die alten Rechte erneuert werden müssen, den Termin versäumte der Hofbesitzer unwissentlich. 

Die Rechte an der Fischerei in der Hase von der Einmündung des Königbaches bis zur Bifurkation konnten von Gröne Sutmühle und vom Schloß Gesmold genutzt werden. Die Fischereirechte in der Else hatte das Schloß Gesmold allein.


Burstien im Meller Stadtteil Gesmold

Burstien finden in Gesmold, Dratum-Ausbergen, Uedinghausen-Warringhof und Wennigsen statt. Eingeladen werden die Bürger vom Ortsrat Gesmold. 

Die Bürger treffen sich einmal im Jahr, um Neues zu erfahren oder um miteinander zu diskutieren. 

Was war die Burstie ? 

Die Burstie war eine Versammlung der Genossen einer Bauerschaft  (Bur) am Tie unter dem Vorsitz des Burrichters oder des Vorstehers. Sie wurde gehalten, um  über Streitigkeiten der Burgenossen zu richten oder über die Verwaltung der Bur zu beraten.  Somit erklärt sich das Wort Burstie  von selbst.  Richtig würde man das Wort „Bur(s)tie“ ohne das angehängte „e“ aussprechen, also das  „ie„ als langes „i“ aussprechen. 

Entwicklung zur Burstie ! 

Seit Urzeiten  regelten die Stände ihre gemeinsamen Angelegenheiten und die Gerichtsbarkeiten auf den dazu bestimmten Plätzen.  Nach der Eroberung unserer Vorfahren durch die Sachsen  und die Franken und der gleichzeitigen Einführung ihrer jeweiligen Gesetze blieben einige alte Rechtstraditionen erhalten. Abgelöst wurde sie schließlich  durch die Bildung der Adelssitze im Mittelalter und deren  eigener Gesetzmäßigkeiten. Die Rechtsprechung wurde unter freiem Himmel vorgenommen. Wenn sich dieser Beratungsort in der Mitte eines Urdorfes befand oder möglicherweise an der Stelle noch Wege oder Straßen zusammenliefen, wurde der Platz als „Tie“ bezeichnet. Der Tieplatz  nahm eine besondere Stelle ein,  wenn er unterhalb der Kirche auf dem Grundstück des Meyerhofes lag. 

Lage des Versammlungsplatzes !

In Gesmold lag  der Tieplatz auf dem Grundbesitz der Herren von Gesmold  oberhalb der Kirche. Der alte Hof der Herren lag nordöstlich davon. 

In Wennigsen war es ein Grundstück an der alten Heerstraße von Osnabrück nach Herford auf dem Hof Gerve, wahrscheinlich in der Nähe des Platzes, wo einst eine Kirche gestanden haben soll.

In Dratum war es ein Platz an der alten Salzstraße südlich der Höfe.

Wer traf sich ? 

Auf dem als Tie oder einem mit anderem Namen bezeichneten  Versammlungsplatz  trafen sich die stimmberechtigten Bewohner des Ortes,  so oft es erforderlich war, zu einer Burstie, um durch die gefassten Beschlüsse die gemeinsamen Angelegenheiten der Gemeinde selbständig zu ordnen. Den Vorsitz führte in Gesmold der Herr von Gesmold ( Gesmele ). 

Aufzeichnungen über alte Burstien scheint es keine zu geben. Man regelte die Angelegenheiten mündlich, die Beteiligten hatten sich an den Abmachungen zu halten, Protokolle benötigte man nicht.  

Beendigung alter Rechte ! 

Das Ablösungsgesetz aus dem Jahre 1833 schmälerte die Macht der Grundherren. Als im Jahre 1852 die „Hannoversche Landgemeindeordnung“ in Kraft trat, wurden Samtgemeinden gebildet. Die Orte erhielten eigene Bürgermeister.  Bis etwa 1870 fanden auch die letzten Freikäufe der Bauern statt.  

Was wurde verhandelt?

Die Versammlung der freien Bürger unter der Linde diente der Information. Die auch heute noch übliche Verpachtung von  Fischereirechten  deutet auf eine lange währende Tradition der Burstie hin. Auf den Versammlungen wurden auch die Rechte um den Holzabbau im Wald geregelt. Der Wald lag in der Mark, die der Allgemeinheit gehörte und  ursprünglich frei war.

Das der Wald der Allgemeinheit gehörte und es somit keinen Eigentümer gab, nahm sich oft jeder, was er brauchte. Das hatte zur Folge, dass es im 17. und 18. Jahrhundert kaum Wald gab. Jeder Bürger bediente sich des Holzes zum Hausbau oder zum Heizen. 

Nur dadurch, dass man  den  Holzeinschlag  auf diesen Versammlungen regulierte, konnte der Wald wieder wachsen und zu dem werden, was wir heute im Dratumer Wald, der Wiedebrocksheide oder dem Wulberg vorfinden. 

Aufzeichnungen über den Tieplatz ! 

Der Versammlungsort mitten in Gesmold  ist schon frühzeitig in alten Unterlagen erwähnt.  Eine Aufzeichnung gibt es aus dem Jahr 1799.  Der Verwalter des Schlosses Gesmold , Herr Eigenbrodt, schreibt an seinen Herrn, der sich zu der Zeit nicht in Gesmold aufhält ( Urtext ):  „Im Dorf Gesmold steht zwischen Kellersmann Hauses und der Küsterei ein rundliches Gemäuer und in der erhöhten Mitte desselben eine noch nicht gar alte Linde. Das Gemäuer hat auf seinem Umfang acht  etwa 4 Fuß hohe steinerne Erhöhungen an deren einer zwei durch eine Kette verbundenen Steine hängen“. Weiter schreibt er: „Der Ursprung und Zweck dieses Gemäuers ist mir nicht bekannt, indessen scheint nach alter Wahrscheinlichkeit ein Jurisdiktionszeichen zu sein. Dieses und der Umstand, daß in der Kürze einige Reparaturen daran nötig werden und es als ungewiß ist, wer dieses zu stehen hat und ob es sich der Mühe verlohnt, sie vorzunehmen, bestimmt mich, diesen Gegenstand in Anregung zu bringen. Und mir eine Instruktion darüber zu erbitten“.


Eine andere Aufzeichnung aus dem Jahre 1593 hat folgenden Wortlaut: „Vor 25 oder 26 Jahren wurde die Linde neu aufgemauert. Dabei wurde die Linde beinahe 2 Fuß eingezogen. Es sei 2 Fuß Platz zwischen Linde und Misthaufen gewesen. Also genug, wofern der Küster den Wirt nicht vorsätzlich ausgebreitet und den Weg damit repariert habe“.

Zur Erklärung: Der Bewohner des Wamhofes, der auf dem jetzigen großen Parkplatz in der Mitte des Dorfes lag, hatte seinen Misthaufen zwischen der Linde und seinem Hof plaziert. Das war ein Ärgernis für die Nachbarn, die den Haufen heimlich wegräumten. Das führte zu einer Klage des Hofbesitzers.

Nach einem gefällten Urteil aus dem Jahre 1620 mussten die Nachbarn den Misthaufen innerhalb von 24 Stunden wieder an den alten Platz zurückräumen. 

Alter der Linde ! 

Das als letztes zitierte Schreiben scheint die älteste Aufzeichnung über die Linde zu sein. Demnach ist die ursprünglich auf einem Hügel gepflanzte Linde um 1750 erneut eingemauert worden.

Das Alter der jetzigen Sommerlinde wird auf 200 – 300 Jahre von der „Unteren Naturschutzbehörde“ geschätzt. Der Hinweis aus dem Jahre 1799 mit der Angabe der „noch nicht alten Linde“ führt zu der Einschätzung, dass die heutige Linde um 1770 gepflanzt worden ist.  Damit könnte die 1593 erwähnte Linde die vorletzte gewesen sein. 

Gerichtslinde oder Femlinde ? 

Man spricht 1593 noch von einer Linde. Eine weitere Aufzeichnung aus dem Jahre 1700 zitiert erstmals eine Gerichtslinde. Dazu sollen in den folgenden Zeilen einige Gedanken aufgewendet werden. 

Die Wahrnehmung der Patrimonialgerichtsbarkeit  des Hauses Gesmold, eine früher  mit dem Besitz eines Rittergutes verbundene niedere Gerichtsbarkeit,  hatte seine Wurzeln im Jahre 1311.  Zu der Zeit hatte das Haus Gesmold das Holzgrafenamt der umliegenden Marken inne.

Die Rechte des Patrimonialgerichtes versuchte der Herr von Amelunxen  im 16. Jahrhundert in Gesmold derart zu steigern, dass er die volle Gerichtsbarkeit über die „Herrlichkeit“ beanspruchte.  Das gelang ihm aber nicht. Im Bündnis mit dem Grafen von Ravensberg machte sich das Haus Gesmold aber  1501 unabhängig vom Landesherrn.  Die Rechte der niedrigen Gerichtsbarkeit wurden in einem Vertrag mit dem Landesherrn festgelegt.  

An der Linde wurde Recht gesprochen, Femgerichte wurden nicht abgehalten. 

Rechte  des Schloßherrn ! 

Bei schwerwiegenden Vergehen der Bürger im Einflussbereich  des Schlosses Gesmold,  dem  „Freien Hagen“,  war dem Schloßherrn nur eine beschränkte Mitwirkung bei der Verurteilung gestattet.  Er hatte das alleinige Recht, den Angeklagten in seinem Gebiet zu verhaften, musste ihn dann aber an der Grenzpforte des „Freien Hagen“ den Abgesandten des Fürstbischofs von Osnabrück abliefern.

Die Reste der Patrimonialgerichtsbarkeit wurden 1877 in Deutschland endgültig abgeschafft. 


Todesurteil !

Bekannt ist, dass 1623 in Gesmold Todesurteile ausgesprochen wurden. Vier Marodeure wurden hingerichtet. Der Todespfahl stand am Hang des Lohs auf halber Höhe zum Dorf. Zu der Zeit des „ Dreißig-Jährigen-Krieges“ waren die Bischöfe von Osnabrück, die auch gleichzeitig Landesherren waren, die Besitzer von Schloß Gesmold ( 1608 – 1664) . Ihnen stand es frei, Verbrechen mit dem Tode zu ahnden.

Aus diesem Anlaß könnten die Schandsteine am Lindenaufgang aufgehängt worden sein. Sie wurden nach der Besitzübernahme der Familie von Hammerstein im Jahre 1664 nicht mehr abgehängt  und erinnern noch heute an die Gerichtsbarkeit.  

Die Verurteilung der  Gefangenen war kostspielig, denn bis zu ihrer Verurteilung und Hinrichtung mußten sie natürlich auch bewirtet werden. Eine Auflistung darüber gibt an:  Bier für die Soldaten für die Gefangenenbewachung: 2 Thaler. Kommunionerteilung durch den Gesmolder Pfarrer: 1 Thaler, 6 Groschen, 6 Pfennige. Für den Gerichtsschreiber: 4 Thaler.  Johann Sternberg für das Präparieren der Staken, wo die Köpfe der Gefangenen aufgespießt werden: 7 Groschen. Der Scharfrichter aus Osnabrück: 8 Thaler, 8 Groschen. 

Wer war der Burrichter ? 

Beim Gericht unter der Linde war der Herr von Schloß Gesmold der Burrichter, die Bauern halfen ihm mit Auskünften und Weisungen beim Richterspruch.

Der elfeckige Steinkranz rund um die Linde ließ 10 Sitzplätze zwischen den Pfeilern zu, die den 9 Einwohnern und dem Schloßherrn oder seinem Abgesandten zum Sitzen dienten. 

Strafen ! 

Eine Aufzeichnung  aus dem Jahre 1740 belegt, dass es zu keinen weiteren Todesurteilen als den vorher erwähnten gekommen ist. Es konnten sich selbst die ältesten Einwohner, so steht es in den Aufzeichnungen, nicht erinnern, dass je ein Verurteilter am Pranger gestanden habe. 

Dafür gab es aber eine grosse Menge von kleinen Straftaten.  In einem   Brüchtenregister des Schlosses Gesmold sind die Straftaten und deren Strafmass  der Einwohner des Freien Hagen genauestens aufgeführt. In dem Register wurden Brandstiftungen, Einbrüche, Diebstähle, Schlägereien ( aufgeteilt nach blutig und unblutig ), Feld- Vieh-, Marken- und Sachschäden aufgeführt. Das Strafmass wurde sofort danebengeschrieben.  Bis zu 100 Vergehen wurden im Bezirk des Schlosses Gesmold im Jahr geahndet. Sogar für das Ausschenken von schlechtem Bier oder das zu späte Zapfen am Abend oder das nicht genehmigte Unterbringen von vorbeiziehenden Händlern mußte bezahlt werden. Wer die Prüfung von Scheffeln, Kannen, Gewichten und Ellen versäumte, musste mit Strafe rechnen. 

Burstien heute ! 

Mit dem Ausklang der Wahrnehmung der Gerichtsbarkeit durch den Schloßherrn und der Aufhebung der Rechte dazu sollte die Burstie in Gesmold dennoch weiterleben. Eine Pflicht des Küsters war es schon damals, am Sonntag nach Johanni um 17 Uhr die männlichen Einwohner des Ortes mit dem Läuten der großen Kirchenglocke einzuladen. Für diesen Dienst stand dem Küster als Entgeld ein Weizenbrot im Wert von 0,25 Mark zu. 

Diese Tradition der Versammlung der wehrfähigen Männer des Ortes hat sich bis heute aufrechterhalten. Es wird jetzt ein Stück Basisdemokratie gelebt, die Bürger werden informiert und können ihrem Ärger Luft machen. Im Gegensatz zu den Ortsratssitzungen, wo nur die Mandatsträger zu Wort kommen, ist Redefreiheit angesagt. Auch sind nicht nur die wehrfähigen Männer, sondern alle Bürger des Ortes  eingeladen. 

Alte Burstienbräuche ! 

Es werden bis in die heutige Zeit ein paar Bräuche aus alten Zeiten weitergepflegt.  Die Neuvermählten des letzten Jahres werden verlesen, die Zugezogenen aufgelistet und die Geburten bekanntgegeben. Eine Sammlung unter den  oben genannten, ein Zuschuss vom Ortsrat und eine allgemeine Hutsammlung finanziert die Burstie.

Auch heute noch  erhält der Pfarrer das Burlicht, eine Kerze als Zeichen der Verbundenheit zwischen Kirche und Staat. Der Küster bzw. die Küsterin erhält das Brot für das Geläute. Die „Alte Else“ wird in drei Teilabschnitten für das nächste Jahr zum Fischen versteigert. Das erste Teilstück erstreckt sich von der Quelle bis zur Viktoriastr., das zweite Teilstück bis zur Westerhausener Str.  und das dritte Teilstück bis zur Einmündung in die Else östlich der Schloßmühle. 

Teilnehmerkreis ! 

Im Jahre 1975 bahnte sich eine neue Entwicklung an. Es wurde bei der Versammlung darüber abgestimmt, ob auch die Frauen zur Versammlung zugelassen werden sollten. Der Antrag wurde aber von der Versammlung abgelehnt.

Vor 20 – 30 Jahren  erschienen zur Burstie unter der Linde bis zu 100 Einwohner aus Gesmold. Die Blaskapelle spielte zur Eröffnung auf. Das Bier lieferte traditionell der Gastwirt Kellersmann. Das Fass rollte er natürlich über die Hauptstraße, spätestens dann hieß es, die Plätze einzunehmen. Im Laufe der Veranstaltung verzichtete man nicht auf das Singen des Gesmolder Heimatliedes, dass von Heinrich Rahe verfasst wurde.

Neuzeitliche Veränderungen ! 

Im Laufe der Jahre gab es einige Veränderungen: Die Blaskapelle spielte ab 1983 nicht mehr. Bis 1986 versteigerte Conrad Schulte die von ihm gestifteten Fische. 

Im Jahre 1984 vollzog sich eine der größten Veränderungen.  Im Zuge der allgemeinen Gleichberechtigung von Männern und Frauen wurden  auch unsere Frauen zur Burstie eingeladen. Einen entsprechenden Beschluß faßte der Ortsrat Gesmold. Leider stieg dadurch nicht die absolute Anzahl der Besucher, einige traditionsbewusste Männer ließen sich nicht wieder bei der Versammlung sehen,  die Anzahl der erschienenen  Frauen war und ist nicht überwältigend. 

Die Veränderung wurde dadurch ausgelöst, dass zum erstem Mal auch Frauen in den Ortsrat Gesmold gewählt wurden.  Da der Ortsrat  der Ausrichter der Burstie ist, ist es naheliegend, dass alle Bürger und alle Mitglieder des Ortsrates geladen sind.  Hier bildet der Ortsteil Wennigsen noch die Ausnahme. 

Termine und Themen ! 

Um möglichst vielen Gesmoldern die Teilnahme an der Burstie zu ermöglichen, wurden die Anfangszeiten und der Wochenendtag  verändert. Seit dem Jahr 1992 versammeln sich alle interessierten Einwohner um 19.45 Uhr am letzten Samstag vor den Sommerferien unter der Linde. Es erscheinen durchschnittlich 50 – 70  Bürger. Der Ortsbürgermeister, von 1984 bis zum Jahr 2001 war es Alfons Oberwestberg, berichtet über die Ereignisse des letzten Jahres und zeigt den Versammelten die Vorhaben des neuen Jahres auf. Es folgen Grußworte der Kirchenvertreter, der Schule und  einiger Vereine. Anschließend erfolgt die Aussprache über Themen, die die Einwohner bewegen. Häufig sind es der Straßen- und Wegeausbau, Bebauungspläne, Bauvorhaben, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Lärmschutz, Umwelt- und Hochwasserfragen, Schaffung von Arbeitsplätzen und Gewerbeansiedlungen. 

Um die Burstie wieder attraktiver zu gestalten, versuchte der neue Bürgermeister  Michael Weßler im Jahr 2002 mehr Bürger anzusprechen. Der Termin wurde auf  den Sonntag  17 Uhr gelegt, wie es seit Alters her Tradition ist. Damit ganze Familien kommen konnten, wurde den Kindern eine Hüpfburg angeboten.  Diese und ein paar  weitere Veränderungen bewirkten, dass am 23. Juni 2002 ca. 85 erwachsene Bürger Gesmolds  unter der Linde begrüßt werden konnten.

Es wurde über  den Straßen- Wege- und Radwegebau berichtet, das Thema Schule und Kindergarten  ist ein Dauerthema, gewünscht wird eine schönere Ortsdurchfahrt und neben  weiteren Arbeitsplätzen auch endlich wieder eine Tankstelle.

Natürlich wird alles sauber von Josef Arling protokolliert. 

Nach alter Tradition erhielt der älteste Teilnehmer, in diesem Jahr war es Hubert Pabst ( 85 Jahre ), einen Meller Tropfen.

 

Die Fischereirechte der Alten Else wurden neu verpachtet. Das erste Teilstück brachte 7,5 Euro, das zweite Teilstück 12,1 Euro und das dritte Teilstück 20 Euro in die Burstienkasse. 

Burstien in den Bauerschaften ! 

Jede Bauerschaft hat ihre eigene Burstie. Nach altem Recht sind nur die Bewohner des jeweiligen Gebietes zur Burstie zugelassen.  

Die Wennigser Burstie: 

Im Gegensatz zu den anderen Burstien in der alten Samtgemeinde Gesmold  hat sich Wennigsen die alte Tradition bewahrt, dass nur männliche Einwohner geladen werden. Traditionell  findet die Versammlung in jedem Jahr auf dem Hof Gerve am Wennigser Ring  unter den Eichen statt. Bei schlechtem Wetter weicht man in die Scheune aus.

Die Tradition der Wennigser Burstie ist wahrscheinlich auch sehr alt. 

Am Hof Gerve soll vor über 1000 Jahren die erste Kirche im Gesmolder Raum gestanden haben. Alte Katasterbezeichnungen deuten noch darauf hin. 

Alte Aufzeichnungen über Burstien in Wennigsen sind nicht bekannt.

Einem Protokoll aus dem Jahre 1978 ist zu entnehmen, dass der Sprecher das Ortsratsmitglied Hermann Bolte ist. Hier steht: Am Sonntag, den 9.  Juli trafen sich 50 Einwohner am Nachmittag um 16.30 Uhr. Neben den Berichten des Bürgermeisters und den Fragen der Versammelten stiftete Konrad Gerve einen Hasen, der amerikanisch versteigert wurde. Beim Punkt Berichte konnte im  abgelaufenen Geschäftsjahr keine Heirat eines Einwohners vermeldet werden, dafür gab es aber einen Zugezogenen.

Zu der Burstie im Jahre 1980 erschienen 47 Teilnehmer, der älteste Anwesende erhielt eine Flasche Schnaps als Präsent. 

Die Burstie in Wennigsen wird von einem Burstienvorstand organisiert und  vorbereitet. Zu diesem Vorstand gehören auch die jeweiligen Ortsratsmitglieder.  Der Sprecher des  Vorstandes und Hauptorganisator  ist seit 45 Jahren  Winfried Gerve.  

Das ehemalige Ortsratsmitglied Ludwig Heggemann leitete die Versammlungen von  1981 bis zum Jahr 1997.  In den letzten Jahren wurden sie von Winfried Gerve geleitet.  

Für die Finanzen, Einladungen und Protokolle  ist seit 25 Jahren  Johannes Winkelmann zuständig. Zu Beginn einer jeden Burstie verliest er auch das Protokoll des Vorjahres. 

Die Versteigerung eines Wildstückes gehört zum jährlichen Ritual.
 

Themen der Burstie sind wie in den anderen Ortsteilen auch die Befahrbarkeit von Seitenbefestigungen an Straßen und Wegen, Grabenräumungen, der Zustand von Wirtschaftswegen, Geschwindigkeitsüberschreitungen und Gesmolder und Meller Themen. 

Im Jahre 2002 gab Winfried Gerve die Organisation an seinen Nachfolger Marco Hegggemann ab. Dieser leitete die Versammlung am 29. Juni in der Scheune des Hofes, weil das Wetter eine Burstie unter den Hofeichen nicht zuließ.

65 männliche erwachsene Wennigser Bürger hatten sich eingefunden, um Neuigkeiten vom Ortsbürgermeister Michael Weßler zu erfahren, oder um einfach Fragen zu stellen. Themen waren u.a. das Baugebiet Broxterheide, das Industriegebiet Gesmold, der Straßenausbau im Wennigser Bruch, geplante Regenrückhaltebecken am Buagebiet und in der Nähe von den Hebelwerken und der Lärmschutz an der Autobahn. 

Während die Männer auf dem Hof Gerve diskutieren, führen die Frauen der Bauerschaft eigene Versammlungen durch. Man  trifft sich, um miteinander zu sprechen und einen gemütlichen Abend  in der Gemeinschaft zu verbringen.

 Die Dratum- Ausberger Burstie

Die traditionellen Burstien in Gesmold und Wennigsen waren vor 25 Jahren in Dratum- Ausbergen Vorbild dafür,  wie man einen  regelmäßigen Bürgertreff organisiert. Nach  entsprechend langen Vorbereitungen  konnte am 13. Juni 1978 die erste Burstie der Neuzeit auf dem Hof Pottebaum stattfinden.

Die Einladung aller Bürger ab 16 Jahren, auch die Frauen wurden natürlich eingeladen, erfolgte mit einem Umlaufzettel. Leo Többen  hatte die Idee und war und ist  gleichzeitig der Initiator der Veranstaltungen. Ihm zur Seite stand Alois Dieckmann. 

Neu scheint ein Bürgertreff in Dratum- Ausbergen nicht zu sein. Eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1723 lautet: „Der Tygarte und die noch vorhandene Tiestraße......“.  Aufzeichnungen und Überlieferungen  weisen auf den Tieplatz zwischen den Erbköttereien Hibbeler und Rampendahl hin. Sicherlich traf man sich damals nicht regelmäßig, die wahrscheinlich nur männliche Bevölkerung traf sich auf Einladung der  Bauerrichter nur bei entsprechend dringlichen  Problemen. 

In der Neuzeit stehen nicht mehr die Probleme der Bevölkerung, sondern die Information und die Geselligkeit im Vordergrund.  Die zweite anberaumte Burstie in Dratum- Ausbergen im Jahre 1979 hatte schon einen Ablauf mit einem festen Programm. Als Versammlungsleiter fungierten die Ortsratsmitglieder Leo Többen und Aloys Diekmann. Der Ortsbürgermeister von Gesmold, der Verwaltungsstellenleiter von Gesmold, Herr Knost und der Festwirt Heinrich Thöle stützten die Veranstaltung. Leo Többen konnte 80 Bürger  und die Ehrengäste begrüßen, die Getränke wurden gespendet.

Der Ortsbürgermeister berichtete eingehend über die Ereignisse im Ort, der Stadt und dem Landkreis. Während der Aussprache  wurden über Probleme mit den Straßen und  Wegen, mit den Wegestreifen und Gräben  diskutiert, weitere Themen waren Geschwindigkeitsüberschreitungen, fehlende Hinweisschilder, angedachte Gemeinschaftsanlagen usw..

Die Besucherzahlen  pendelten in den nächsten Jahren zwischen 100 und 150 Teilnehmern. Die Treffpunkte wechselten in den Ortsteilen, wobei der Treffpunkt Zimmerei Heggemann oft angenommen wurde.


Im Laufe der Veranstaltungen werden wie in Gesmold die Neuzugezogenen, die Neuvermählten und die Geburten des letzten Jahres verlesen. Wenn man gratuliert wird, gibt man auch gern in Dratum- Ausbergen einen Obulus, der die Kassenlage  begünstigt. Die ältesten Einwohner erhalten auch hier eine kleine  Flasche Schnaps. 

Im Jahre 2002 fand die Burstie in der Werkhalle der Zimmerei Hellmann                              statt. Man feiert die 25. Burstie nach dem Wiederbeginn. Dazu hatte man auch alle ehemaligen Dratum- Ausberger eingeladen. Über 170 Personen waren der Einladung gefolgt. Ein reichhaltiges Abendprogramm belohnte die Besucher. Auf eigens für diese Versammlungen hergestellten Bänken und Tischen ließ sich in der Vergangenheit aber auch in der Zukunft gut feiern und diskutieren. Sicherlich hat die Burstie dazu beigetragen, dass sich die Gesmolder Bauerschaft einen Dorfplatz, einen Spielplatz, einen Bolzplatz und einen Bouleplatz zulegen konnte. Erst die intakte Gemeinschaft macht stark.

 Die Üdinghausen- Warringhofer Burstie ! 

Die Bürger der Bauerschaft Üdinghausen- Warringhof in der alten Samtgemeinde Gesmold  beschlossen als letzter Ortsteil, eine Burstie in ihren Reihen durchzuführen. Es sollte aber ein neuer Weg begangen werden. Abweichend von den Bräuchen in den anderen Ortsteilen wollten Wilhelm Brand und Reinhard Schlüter von Anfang an, dass die ganze Familie einbezogen wird, um die Dorfgemeinschaft zu stärken. 

Zur ersten Burstie am 21. 8. 1983 traf man sich bei Kaffee und Kuchen auf dem Hof Stieve. Eingeladen dazu hatten die Ortsratsmitglieder Wilhelm Brand und Reinhard Schlüter. Im Laufe der Versammlung wurde auch der Beschluss gefasst, die Burstie künftig in jedem Jahr stattfinden zu lassen.


Zur zweiten Burstie im Jahre 1984 wurden laut Protokoll 200 Gäste auf dem Hof Husmann gezählt. Diese Versammlung nutzte Josef Husmann, der Bruder des Hofbesitzers, um ein längeres Gedicht über Üdinghausen- Warringhof und seine glückliche Kindheit in der Bauerschaft vorzutragen. Der Ablauf der Burstie war folgender:

Nach der Begrüßung wurden Kaffee und Kuchen angeboten. Im Anschluss daran wurde u.a. über Straßen- und Wegebau, Kulturveranstaltungen, Umweltprobleme und Veränderungen in der Stadt  Melle gesprochen. Eine Fragestunde für alle versammelten  Bürger schloss sich an. Nachdem  der älteste Einwohner ein Präsent erhalten hatte, wurden die  Neuvermählten, Zugezogenen und Geburten des letzten Jahres bekanntgegeben. 

Wichtige Themen der Bürger in der Diskussionsrunde waren der Schallschutz an der Autobahn, Schulbusfragen, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abwässer, Gräbenreinigungen usw..

Durchschnittlich nehmen 120 – 150 Einwohner incl. Kinder  an der Burstie in Üdinghausen- Warringhof teil. 

Abschluss ! 

Burstien in der alten Samtgemeinde Gesmold haben  teilweise eine lange Tradition. Den Ablauf einer Burstie kann man den obigen Zeilen entnehmen. Wie lange es schon Burstien in Gesmold und Wennigsen gibt, ist nicht zu klären. Hier muss man unterscheiden zwischen der Versammlung zu den Zeiten, als noch Recht gesprochen wurde und Beschlüsse bindend waren und der Zeit nach etwa 1850, wo  die Burstie eine Versammlung zum Meinungsaustausch und zur Information der Bürger war.


Die Kemenade und das Rittergut Warringhof 

Der Hof Kemna. 

Der Begriff „Kemenade“ wird in vielen alten Lexikanten beschrieben. Obwohl es verschiedene Deutungen gibt, sind sich die meisten Interpreten einig, dass eine Kemenade ein festes Haus aus Steinen ist.  Hierin  befindet sich zumindest ein beheizbarer Raum. Kemenaden stehen in Städten und abseits von Dörfern, oft als einzeln stehendes Haus. 

Die Gründung des Meierhofes Warringhof ist vor 1000 Jahren oder früher erfolgt, die Kemnade ist ein Anbau an den Meierhof oder ein hinter dem Meierhof stehendes befestigtes Bauwerk.  Es diente anfangs den Hofbesitzern als fester Raum und war ein Luxus, den sich der Hof leisten konnte. Die Errichtung der Kemnade könnte, zieht man ähnliche Bauten als Vergleich hinzu, um 1200 erfolgt sein. In den folgenden Jahrhunderten wird aus dem einfachen Steinbau ein Hof entstanden sein. 

Die Kemenade wird evtl. bis zu einem Meter in die Erde gebaut und 5 – 10 m breit und lang gewesen sein. Da er aus Stein war, war eine Beheizung im Gegensatz zu alten, zügigen Fachwerkhäusern leicht möglich

Die erste bekannte Erwähnung des Hofes Kemna ist aus dem Jahr 1381, als Rechte am Hof vom Besitzer „von Bar“ an das Kloster Iburg verkauft werden. Im Jahre 1402 gelangte der Besitz an „ von Vahrendorf“. Im Jahre 1669 war er dem Kloster Iburg abgabenpflichtig. 

Nördlich des Hofes Kemna in einer tiefer gelegenen Wiese  wird der Meierhof, das spätere Rittergut Warringhof, gestanden haben. Die älteste bekannte Person auf dem Rittergut war Rabodo, der von 1228 – 1257 in Osnabrücker, Ravensburger und Mindener Diensten stand. Eine weitere bekannte Erwähnung des Gutes ist aus dem Jahr 1314 bekannt.

1285 verpfändete Bischof Conrad der Zweite von Osnabrück Dietrich von der Horst und etlichen anderen Ministeralen ( Ministeralen sind zwar abhängige Leute, aber sehr einflussreich)  die Burg Grönenberg ( Sie stand im heutigen  Grönenbergpark in Melle ).  1311 wird er als Lehnsmann des Klosters Iburg bezeichnet. 1314 lebt er bereits nicht mehr. Seine Witwe Helene verkaufte dann 1329 den halben Gesmolder Zehnten, eine Einnahmequelle mit Wert, an das Stift St. Johann in Osnabrück. Drei Söhne wurden hinterlassen, Lüdeke, Ernst und Hermann. 

Allod, ein Ritter von Warringhof, war vor 1314 schon als Lehen an „von Gesmold„ gekommen und  von diesem an den Bischof von Münster mit dem Gut Broxten und dem Gut Dratum gegeben.

1314 bescheinigt  der Bischof Ludwig von Münster, dass der Hof Gesmold, die Kirche in Gesmold und das dazugehörige Gut Warringhof sowie Richus? , das Gut Broxten, heute Anwesen Voßmann in Wennigsen an der Straße nach Melle, und das Gut Dratum Münstersche Lehen sind, für die Lodekin von Gesmele als Lehnsmann angenommen sei, während die Erben Ernst von Gesmele keinen Anspruch darauf hätten.

Im gleichen Jahr übertrug der Bischof von Osnabrück das Gut Warringhof an Ludekin von Gesmele zu Lehen als Ministerialgut. (Zu der Zeit lebte die Gesmolder Gutsfamilie noch auf dem Hof in Gesmold östliche der Kirche). 

1350 wird der Knappe Ecbert Warringhof vom Bischof von Osnabrück mit Zehnten von zwei Erben in Bakum belehnt. 

Weiter ist bekannt, dass 1381 Friedrich von Bar, der Sohn eines Hugo,  und seine Gattin Fenne dem Abt in Iburg eine Rente aus dem Gut Warringhof verkaufte. 

Das Gut Warringhof war ein Rittergut und zur niederen privaten Jagd berechtigt. Auch hatte es Fischereirechte. Der Gutshof wird von Gräften, von der Hase gespeist, umgeben gewesen sein.  Möglich ist das, weil die nördlich des Hofes Kemna gelegene Wiese etwa das Niveau der Hase hat. Auch dürften Plankenzäune Angreifer davon abgehalten haben, das Gut einzunehmen. 

Auf dem Gutshof wohnte in frühester Zeit der Meier, später wechselten die Besitzer, weil es keine festgesetzte Erbfolge gab. In der Auflistung von Du Plat ist um 1785 vom Hofbesitzer Meier in  Warninghöfen die Rede. 

Doch nun weitere Fakten:

1428 war das Gut Warringhof bereits im Besitz Juttas, der Witwe  eines Hermann von Budde.

1524    gehörte das Gut Jürgen von Kerßenbrock, der mit Gosta verheiratet war.

1535 war Heinrich von Kerßenbrock zu Schmalenau Besitzer des Gutes.

 Als nächstes vererbte sich der Hof auf den Sohn Johann und  in der nächsten Generation  auf den letztgeborenen Sohn Heinrich. Davon wiederum erbte die  älteste Tochter Margarethe Walburg das Gut. Sie war mit  Wendel von Bergknecht verheiratet. Der Sohn davon wiederum, der Oberstleutnant Franz Veit Christoph von Bergknecht verkaufte das Gut Warringhof am 9. Oktober 1696 an Christoph Ludolf von Hammerstein zu Gesmold. Christoph Ludolf von Hammerstein war Oberst und Generaladjutant in Celle. Er zog nach Gesmold. Er hatte das Schloss Gesmold  1688 von Anna von Sebstadt, der Witwe der „von Hammersteins“ aus Gesmold gekauft.

Christoph Ludwig von Hammerstein war der Stiefbruder vom Ehemann der Witwe Anna von Sebstadt. Durch den Ankauf der Güter Warringhof und Broxten vergrößerte er seinen Besitz in Gesmold.

Ruft man sich die Jahreszahlen noch einmal ins Gedächtnis, so stellt man fest, dass das Gut Warringhof bis etwa 1381 im Besitz des Gutes Gesmold, dann 315 Jahre im Besitz vieler Gutsfamilien war, um dann 1696 wieder zum Schloß Gesmold zurückzukommen. 

Der Hof Werninkhof war bis 1669 an das Kloster Iburg abgabepflichtig, in den Abgabelisten steht der Hof  mit in der Liste der Dratumer Höfe, zusammen mit Kemna und Sundermann.  Da der Hof  dann in das Eigentum des Schlosses Gesmold überging, waren seine Bewohner Pächter und nicht mehr eigenbehörig. Das Gut war damit frei von allen Lasten. 

Von Generation zu Generation ist folgendes weitergegeben:

Der Meierhof in Warringhof  soll unter zwei Brüdern aufgeteilt

worden sein. Der  eine Hof erhielt den Namen Kemna. Dieses ist eine Ableitung vom  Begriff Kemenade. Der andere Teil blieb unter dem Namen Meier erhalten. 

Zum Meierhof gehörten 75 ha Land. Der Besitzer der Hofes Kemna  soll  gefragt worden sein, ob er den restlichen Gutshof mitbewirtschaften wolle. Darauf habe er gesagt, dass er bereits genug Land bewirtschafte und weiteres Land ablehne. 

Weiter wird berichtet, dass der alte Meierhofbesitzer zwei Töchter hatte, die unverheiratet blieben.

Bei den  Kaufverhandlungen mit dem Schloßherrn von Gesmold im Jahre 1696 soll sich dieser verpflichtet haben, die beiden Besitzerinnen des Gutes bis zum Lebensende zu versorgen. 

Die Gebäude  waren damals in keinem guten Zustand.  Aus dem Jahre 1772 ist bekannt, dass der Meierhof sehr verkommen gewesen ist.

Du Plat, der Landvermesser im Auftrag des Bischofs von Osnabrück, bezeichnet um 1790 den Hof noch als „Meyer in Warninghöfen“. 

Im Jahre 1840, so ist überliefert, war der Hof und somit auch die Jagd am Hof nur noch 15 Morgen groß, weitere Jagdrechte ( niedere Koppeljagd ) bestanden aber noch in  Gesmold, Wellingholzhausen, Melle, Oldendorf, Holte und Borgloh. 

Die Reste des Gutshofes und einen Acker von 12 Scheffelsaat Größe kaufte der Hof Kemna für 80 Taler. Erzählt wird, dass der Hof Kemna den auf der linken Seite des Hofes stehenden Speicher vom ehemaligen Gut Warringhof auf sein Grundstück umsetzen ließ, die Jahreszahl 1801 auf einem Balken des Speichers dient als Hinweis darauf. 

Die Grundstücke am Gutshof hatten die Katasterbezeichnungen „Uppen Meierhof“, ein anderer Grundstücksteil hieß: Unner de Meierbäume. Aufzeichnungen von Geschichtsforschern ist zu entnehmen, dass derartige Flurbezeichnungen auf eine Gerichtsstätte oder Versammlungsstätte in der Nähe eines Gutshofes hinweisen. Vielleicht gab es unter diesen Meierbäumen ja auch eine Art Burstie. 

Ganz in der Nähe des alten Meierhofes steht die Krusemühle an der Hase. Die erste bekannte Erwähnung ist aus den Jahren um  1450.  Da Gutshöfe in früheren Zeiten in der Regel eine Mühle besaßen, kann davon ausgegangen werden, dass die Krusemühle vom Gut Warringhof erbaut wurde und diesen Hof und die umliegenden Bürger versorgte. Wie der Name Kruse auf den Mühlennamen überging, kann wahrscheinlich kaum geklärt werden. Annehmen kann man, dass die Nähe des Hofes Kruse zur Mühle ausschlaggebend für die Namensübertragung war. 

Auf dem Teil des Grundstückes des alten Meierhofes steht heute das Anwesen Hillebrand. Die Familie Dreyer, Ahnen der Familie Hillebrand,  wohnte bis 1818 an der Wulbergsheide an der Schlossallee. Sie ließen  sich damals von Schloß Gesmold umsiedeln. Die Familie Hillebrand zog 1820 in das neue Haus in Warringhof ein.

Auf ein anderes Grundstück des ehemaligen Meierhofes in Warringhof siedelte die Familie Klamer um, die ebenfalls an der Schlossallee wohnte.  Das Grundstück, auf dem das Gut gestanden haben wird, wird vom Hof Kemna als Wiese genutzt. Eine Beackerung ist kaum möglich, da es zu nass ist.